Jürgen Heiter |
Rezension von Jan Roehlk aus Trust Fanzine # 161, Oktober/November 2013 10 pm Lincoln Boulevard Der Kölner Regisseur Jürgen Heiter legt seinen zweiten Film mit bzw. über Raymond Pettibon (RP) vor. Mit seinen Tusche-Zeichnungen plus Text-Montagen über den alltäglichen Wahnsinn an der amerikanischen Westküste ist RP einer der bekanntesten Gegenwartskünstler. Die Punkszene liebt ihn für seine SST-Albencover, das „bars“-Logo von Black Flag, das „Goo“-Cover von Sonic Youth und kürzlich wieder für OFF!-Zeichnungen. Der Film dauert knapp 90 Minuten. Deutsche Untertitel sind anwählbar und sinnvoll, da RP eine leicht undeutliche Lingo spricht. Drehorte waren u.a. Los Angeles und Köln. Man sieht RP bei verschiedenen Tätigkeiten und dazu erzählt er was. Zum Beispiel singt er „Wooden Heart“ von Elvis in der deutschen Version. Auch schmökert er eine Zigarre und performt mit verzerrter Stimme ein Stück namens „Burma shave“. Sujet: der Sand und die zwei Brian Wilsons: einmal der Beach Boy, sein langjähriges dahinvegetieren in seinem privaten Sandkasten, aber auch der gleichnamige Baseballspieler, auf dem sandigen Baseball-Abwurfshügel. RP trinkt nen Schnaps, fuchtelt mit einer Knarre herum, trägt Piratenaugenklappe. Er analysiert TV-Ausschnitte über sich selber anlässlich einer Ausstellungseröffnung und sinniert, was hat das mit Kafka zu tun hat. Cool fand ich die Szenen, bei denen man ihn beim malen sieht. Auch die großen philosophischen Fragen werden thematisiert: „If darkness exists, will music ever exist still?“ Teilweise ist auch der Regisseur zu sehen, wie er RP einige Kunstmarkt-Beobachtungen vorträgt. Wegen der doch insgesamt ruhigen Szenen erfährt man viele Details von RP; sein Lieblingssong von Elvis ist also „Suspicous Minds“. Und das ist dann doch sehr ungewöhnlich, wie auskunftsfreudig sich Pettibon (für seine Verhältnisse) hier zeigt. Das ist ein toller abstrakter Film über einen großartigen abstrakten Künstler. Speziell in den heutigen Zeiten der immer gleich gestrickten Musik-Dokumentationsfilme und Live-DVDs, bei denen schon kleine Punk-Bands die Auftritte mit 18 Kameras filmen. Hier passiert viel, gerade weil erst mal nicht viel passiert. Ganz weit entfernt erinnerte mich der Film an den von Jem Cohen zu Fugazi.
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